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Summerhill und die Situation 100 Jahre später


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Hausarbeit (1. Staatsprüfung) 1999, Universität Lüneburg: Stefanie Bosselmann: We don't need no education" - Summerhill einst und jetzt.
Zurück: (4. Neills pädagogisch-psychologische Grundannahmen)
Fortsetzung: (6. Summerhill nach Neill)



5. Zur Struktur Summerhills: Prinzipien - Hauptmerkmale - Besonderheiten

In diesem Kapitel soll die Aufmerksamkeit weg von der Gründerpersönlichkeit Neill hin zu seiner Schule Summerhill gelenkt werden. Im folgenden werden Summerhills Hauptmerkmale näher beschrieben. Das Kapitel ist wesentlich länger als die anderen dieser Arbeit, beinhaltet aber die für die Praxis entscheidenden Kennzeichen Summerhills. In einigen Unterkapiteln werden bereits Informationen zur gegenwärtigen Situation der Schule gegeben. 5.1 Zum Self-government Die Selbstverwaltung ('Self-government') ist ein Hauptmerkmal Summerhills. Trotz ihrer Besonderheiten wurde sie kaum genau in der Literatur beschrieben. Sie manifestiert sich u. a. in zwei wöchentlichen Versammlungen, die mit dem Umzug nach Leiston und steigenden Schülerzahlen einen festen Platz im Schulalltag erhielten: dem General Meeting und dem Tribunal (s. Anhang II). 5.1.1 General Meeting und Gesetze Das General Meeting, auch nur Meeting genannt, findet einmal wöchentlich am Freitagnachmittag statt. Es dient der Diskussion aller Angelegenheiten, die die ganze Schule betreffen. Die Teilnahme ist freiwillig, aber es ist meistens ein Großteil der Schüler anwesend. Die Versammlung befaßt sich ausschließlich mit Entscheidungen, die von den Kindern und Jugendlichen auch tatsächlich verstanden werden und in denen sie getrost Fehlentscheidungen treffen dürfen. Diese Entscheidungsfähigkeit beschränkt sich fast auf den gesamten Alltag. Die letztendliche Macht liegt jedoch immer in den Händen der Erwachsenen bzw. der Schulleitung. Diese entscheidet über Fragen wie die Finanzierung oder die Verwaltung der Schule (Vgl. Kamp 1997b, 19f.).

Die Versammlung beschließt hauptsächlich das Aufstellen, Verändern oder Auflösen von Gesetzen ('Laws'), die das Zusammenleben erleichtern sollen.

Die Versammlung wird von einem für die jeweilige Sitzung dafür bestimmten Schüler, dem 'Chairman' bzw. der 'Chairperson', geleitet. Dieser leitet die Diskussionen, bestimmt, wer wann redet und fordert gegebenenfalls die Teilnehmer der Versammlung zur Ruhe auf bzw. verteilt vorgesehene Strafen bei Störungen. Der Chairman selbst hat eine neutrale Position und darf bei Beschlüssen nicht mit abstimmen.

Über den Verlauf wird ein Protokoll ('Notices') von einem Sekretär ('Secretary') geführt, das anschließend öffentlich ausgehängt wird. Die geltenden Gesetze hängen ebenfalls nach Themen wie den Schlafenszeiten, den Ausgehregeln oder den San-Kids (s. u.) aus.

Beschlüsse werden zur Abstimmung gestellt, über die die Mehrheit entscheidet. Dabei zählt die Stimme eines Schülers genauso viel wie die eines Lehrers. Es herrscht absolute Gleichheit. Dadurch, daß Schüler das General Meeting leiten und es feste Regeln für den Verlauf gibt, brauchen die Erwachsenen nicht einzugreifen. Die Gemeinschaft sorgt für das Erhalten der Ordnung.

Die Gesetze wechseln relativ häufig. Viele von ihnen sind vermutlich strenger als die Regeln und Verbote, die in den meisten Familien gelten. Sie lauten z. B.:

"Only 12s and over are allowed sheath knives.

You can`t ride little kids bikes Ñ even with permission.

You must have a working front and back brake on your bike.

Breaking bedtime laws Ñ _ hour community work.

You can`t watch TV during lessons or meal times." (Vgl.)

Carl and Juan not allowed to fake blood.

No one may lock people in rooms (including using ropes). (Vgl. Summerhill School (1998), 11; Gardiner in TES 20.03.1998, 10)

Jedes Kind kann eine Ausnahmeregelung von Gesetzen beantragen, wobei dann überlegt wird, ob eine allgemeine Änderung des Gesetzes für alle angemessen ist. Der Umgang mit den Gesetzen ist relativ flexibel. Sie können jederzeit geändert werden, sofern sich die Mehrheit dafür entscheidet. Besonders viele Gesetze sind speziell dann nötig, wenn mehrere neue Schüler in Summerhill sind, die mit dem System noch nicht vertraut sind. Dieses erschwert die Aufrechterhaltung der Selbstverwaltung. Wenn jedoch viele Kinder länger in Summerhill leben und mit seinen Prinzipien zurechtkommen, können einige Gesetze wieder abgeschafft werden. Die Einschränkungen haben immer einen praktischen Zweck. Wenn dieser nicht mehr vorhanden ist oder stillschweigend eingehalten wird, kann das entsprechende Gesetz aufgelöst werden.

Die Kinder können sogar alle Gesetze für nichtig erklären. Dies geschieht gelegentlich, wenn die Kinder keine Lust mehr haben, die zahlreichen und teilweise unübersichtlich gewordenen Gesetze einzuhalten oder immer mehr Kinder die Regeln einfach brechen. Anstelle der Demokratie tritt dann meist die Diktatur oder Anarchie. Die Kinder spüren das darauffolgende Chaos meist sehr schnell am eigenen Leib und erkennen, daß Regeln notwendig sind für ein friedliches Zusammenleben und schätzen die Selbstverwaltung nach solchen Phasen um so mehr (Vgl. Kamp 1997a, S. 125). Taucht der Vorschlag, alle Regeln abzuschaffen nach einiger Zeit erneut auf, erinnern die älteren Schüler die jüngeren daran, wie chaotisch die letzte gesetzlose Phase war, so daß die Gemeinschaft stabilisiert wird (Vgl. Appleton, (1995), 43).

5.1.2 Tribunal Das Tribunal findet am Dienstagnachmittag statt. Dort werden die Gesetzesverstöße behandelt. Hier kann jedes Mitglied der Gemeinschaft andere Kinder, Lehrer oder auch Unbekannte vorbringen ('being brought-up'), wenn diese gegen das Gesetz verstoßen haben. Es werden immer nur Fälle ('cases') vorgebracht, die das persönliche Wohlbefinden eines oder mehrerer Kinder stören und keine Vorfälle, die als falsch oder schlecht bewertet werden.

Diese Versammlung dauert etwa eine Stunde lang und beinhaltet im Durchschnitt 10-16 Fälle (Vgl. www.s-hill.demon.co.uk).

Die Leitung des Tribunals übernimmt ebenfalls ein Chairman. Dieser hat das Recht, Anwesende zur Ruhe aufzufordern oder ausufernde Diskussionen zu beenden. Er entscheidet darüber, ob die Kinder ihre Sitzplätze tauschen oder zur Toilette gehen dürfen und achtet darauf, daß jeder, der sich meldet, zu Wort kommt.

Auffallend bei beiden Veranstaltungen ist die Ernsthaftigkeit und Strenge im Ablauf.

Die Anklagenden melden sich vor Beginn des Tribunals beim Sekretär, der die jeweiligen Personen der Reihe nach aufruft. Es werden Kläger, Angeklagte, mögliche Zeugen und auch eventuelle besondere Umstände berücksichtigt. Die Fälle werden diskutiert und anschließend wird per Mehrheitsbeschluß entschieden, ob der Beschuldigung zugestimmt wird und welches die Konsequenz daraus ist.

Die Urteile sind im allgemeinen recht nachsichtig, da sich jedes Kind schon einmal in der Rolle des Angeklagten befand und dessen Position dadurch gut nachempfinden kann. Die Diskussionen werden sachlich und rational geführt und nicht moralisch oder psychologisch. Mögliche Motive für Fehlverhalten werden nicht vor der Öffentlichkeit geführt, so daß sich der Angeklagte nicht abgewertet fühlt (Vgl. Appleton (1995), 37f.). Es werden auch keine Strafen im moralischen Sinne verteilt, sondern 'Fines', also Ersatzhandlungen. Die Gefahr der sozialen Mißbilligung besteht natürlich trotzdem, wodurch immer die Möglichkeit besteht, daß die Kinder sich an die Gesetze halten, um weiterhin ein Teil der Gemeinschaft zu bleiben.

Die Strafen bestehen meist in Form von Geldzahlungen, Pudding-Entzug oder gemeinnützigen Arbeiten wie z. B. Gartenarbeit. Gegen sie kann zu Beginn des nächsten Meetings Berufung eingelegt werden, da die Urteile gelegentlich durch hitzige Diskussionen als unangemessen empfunden werden. Sie werden dann meistens in nachhinein milder ausgesprochen (Vgl. Appleton (1995), 39).

Im Fall von ungeklärten Diebstählen oder ähnlichem wird darüber abgestimmt, ob die Gemeinschaft den Verlust ausgleicht.

Zu bestimmten Anlässen können jederzeit zusätzliche Sondermeetings ('Special Meeting') einberufen werden, z. B. wenn es in der letzten Woche so viele Gesetzesverstöße gab, daß eine Sitzung nicht ausreichte, um alle zu behandeln oder wenn auffällige Kinder die Gemeinschaft immer wieder stören. Wirkliche Problemfälle wurden zu Neills Zeiten nicht vom Tribunal behandelt, sondern an ihn übergeben, der mit dem jeweiligen Kind in einer PL (s. Kapitel 3.4.) sprach (Vgl. Schmidt-Herrmann 1987, 164). In diesen Sitzungen erfuhr er häufig sehr persönliche Dinge über das Kind, die er jedoch vor den anderen geheim hielt. Durch dieses Wissen entstanden manchmal Widersprüche zum Tribunal, da er Informationen, die die Lösung des Falls erleichtern konnten, zurückhalten mußte. Neill hielt sich folglich so weit wie möglich aus den Angelegenheiten des Tribunals heraus, um eventuelle Differenzen für ihn als Mitglied der Gemeinschaft einerseits und als Therapeut eines Kindes andererseits zu vermeiden (Vgl. Schmidt-Herrmann 1987, 180).

5.1.3 Officers und Ombudsmen

5.1.3.1 Ombudsmen

Die 'Ombudsmen' haben die Aufgabe, Streitereien zu schlichten, deren Lösung nicht bis zum Tribunal am Freitag warten kann. Sie werden zu Beginn des Tribunals durch das Herumgeben eines bestimmten Buches ('Agenda') für Vorschläge und deren Abstimmungen gewählt und behalten dieses Amt etwa ein oder zwei Wochen (Vgl. Kamp 1995, 441). Sie sind eine Art Schiedsrichter, die auf das Einhalten der Regeln inner- und außerhalb des Schulgeländes sorgen. Die Ombudsmen werden von streitenden Kindern zu Hilfe gebeten, um den Streit nicht ausarten zu lassen. Die Streitenden erklären ihren Standpunkt und ein Ombudsman schlägt einen Kompromiß vor oder bringt den Fall zu Beginn des nächsten Tribunals vor, da er selbst keine Strafen verhängen darf. Er hat jedoch das Recht, gefährliche Gegenstände zu konfiszieren (Vgl. Appleton (1995), 38). 5.1.3.2 Beddies-Officers Ein dauerhaftes Diskussionsthema stellen die Schlafenszeiten der Kinder dar. Die 'Beddies-Officers' sind für ihre Einhaltung zuständig. Das Amt wechselt täglich oder wöchentlich und wird von zwei bis drei älteren Kindern oder auch Mitarbeitern ausgeführt. Die Tätigkeit der Beddies-Officer besteht darin, jeden Morgen um 9.00 Uhr durch die Zimmer zu gehen und die Kinder darauf aufmerksam zu machen, daß sie noch eine halbe Stunde Zeit zum Aufstehen haben. Wer bis 9.30 noch im Bett liegt, kann von ihnen bestraft werden, z. B. mit Pudding-Entzug.

Abends kontrollieren sie, ob alle Kinder in ihren Zimmern sind und sorgen dafür, daß allgemeine Ruhe herrscht. Wenn es zu laut ist, gehen die Kinder zu einem Officer, der dann das Recht hat, eine Strafe zu verhängen.

Die Bettzeiten wechseln sehr häufig und werden gelegentlich ganz abgeschafft. Durch die dadurch legitimierten Nachtunruhen bestehen die Kinder in der Regel sehr schnell auf die Wiedereinführung der Zeiten, um schlafen zu können.

5.1.3.3 Fines-Officers 'Fines-Officers' sammeln und vermerken die verteilten Geldstrafen des Meetings. Es handelt sich hier meist um Beträge zwischen zwei und 50 Pence, die in einen Gemeinschaftsfundus fließen. Aus diesem werden neue Platten und CDs für die Tanzveranstaltungen finanziert, aber auch Gegenstände ersetzt, die abhanden gekommen sind oder zerstört wurden, ohne daß der oder die Täter gefunden wurden. 5.1.4 Komitees Es gibt je nach Bedarf Komitees mit jeweils etwa fünf Mitgliedern für verschiedene Anlässe. Diese müssen mindestens ein Tertial ('Term') in Summerhill gewesen sein, um ein solches Amt übernehmen zu dürfen. Das 'Gram-Committee' ist z. B. für die Tanzabende verantwortlich. Sie besorgen die Lieblingslieder der Kinder und dürfen die Musikanlage bedienen. Das Besucher-Komitee führt Gäste durch die Schule und beantwortet deren Fragen und steht als Ansprechpartner zu Verfügung.

Die wichtigste Veranstaltung, die Feier am Ende jedes Terms wird von dem 'the end of term bar committee' geplant und durchgeführt. Dafür wird die Halle im Hauptgebäude nach einem bestimmten, geheimgehaltenen Motto dekoriert. Es wird viel getanzt und am Ende des Schuljahres werden die ältesten Schüler verabschiedet (Vgl. Appleton (1995), 28).

5.2 Zum Unterricht Summerhill stellt primär keine Schule, sondern eher ein Heim dar. Es wurde nicht zur Wissensvermittlung, sondern wegen seines alltäglichen Zusammenlebens und seiner Ideale gegründet (Vgl. Kamp 1997a, 72). Neill betonte, daß er "die Schule kindgeeignet - nicht die Kinder schulgeeignet" machen will (Neill 1969, 22). Somit nahm Neill erneut den entgegengesetzten Standpunkt der herrschenden Meinung ein: für Freiheit ist keine Bildung nötig (Vgl. Schmidt-Herrmann 1987, 192).

Die Teilnahme am Unterricht in Summerhill ist für die Schüler freiwillig, da es sich hierbei um eine für Kinder unnatürliche und hemmende Situation handelt. Es gibt weder Zensuren noch Prüfungen oder Zeugnisse. Neill war es wichtiger, daß die Emotionen des Kindes sich frei entfalten. Der Intellekt würde sich von allein entwickeln (Vgl. Neill 1969, 110). Intellekt und Emotion werden in Summerhill nicht voneinander getrennt. Kinder können sich nicht auf eine bestimmte Sache konzentrieren, wenn ihnen andere Gedanken im Kopf herumirren. Bei der Entwicklung des Intellekts ist außerdem zu beachten, daß Schulwissen und Intelligenz nicht gleichgesetzt werden dürfen. Vor diesem Hintergrund wird in Summerhill mehr Wert auf Kreativität als auf Wissen gelegt, da durch diese Gefühle künstlerisch ausgedrückt werden (Vgl. Kamp 1997a, 79).

Neill hatte durch seine eigene Schulzeit und sein Studium eine große Abneigung gegen Unterricht und speziell gegen Bücher entwickelt. Er ermutigte die Kinder ständig, vom Unterricht fernzubleiben und wurde deshalb stark sowohl von den Lehrern als auch von einigen Schülern kritisiert (s. Kapitel 9.3.). Neill wollte um jeden Preis verhindern, daß die Kinder für die Lehrer statt sich selbst lernen könnten. Der Eigenantrieb des Lernens ist entscheidend. Deshalb war Neill auch ein großer Gegner von Motivationstechniken, weshalb der Unterricht recht traditionell durchgeführt wird. Neill war davon überzeugt, daß dieser Eigenantrieb vorhanden ist. Er ging davon aus, daß der Mensch von Natur aus neugierig ist und sein Leben lang lernwillig ist. Somit gibt es auch keine faulen Kinder, sie interessieren sich nur für andere Dinge (Vgl. Kamp 1995, 326).

Trotz oder gerade wegen der Freiwilligkeit des Unterrichts gehen die meisten Kinder regelmäßig zum Unterricht. Während der Anfangszeit in Summerhill gehen viele Schüler gar nicht zum Unterricht, so lange bis ihr Schulhass abgeklungen ist. Diese Erholungszeit dauert etwa 3 Monate (Vgl. Kamp 1997a, 73). Die Kinder gehen dann zum Unterricht, weil sie sich langweilen, da niemand ihnen sagt, was sie stattdessen machen sollen (Vgl. Readhead 1995, 47).

Es sind nur einzelne Schüler, die länger, sogar jahrelang, nicht am Unterricht teilnehmen. Für Neill bestand dadurch dennoch kein Grund zur Sorge über die Zukunft des Schülers, da sich Schulwissen bei Bedarf durch eigenen Antrieb schnell aneignen läßt. Die Schäden, die durch eine erzwungene Schulbildung entstehen, sind jedoch nur sehr schwer wieder abzubauen. Wenn ein Kind etwas lernen will, ist seine Motivation extrem hoch und das Wissen kann während extrem kurzer Zeit gelernt werden. So war es ehemaligen Schülern z. B. möglich, zu studieren, obwohl sie beim Verlassen Summerhills weder Lesen, noch Schreiben konnten (Vgl. Kamp 1997a, 73). Kinder lernen in Summerhill, wie man lernt. Johannes-M. Kamp weist darauf hin, daß Lernen und der Besuch von Unterrichtsstunden nicht gleichgesetzt werden dürfen (Vgl. Kamp 1997a, 73). Lernen findet auch außerhalb des Unterrichts statt und der Stundenplan hat keinerlei Einfluß auf die tatsächlichen Tätigkeiten während dieser Zeit. Viele Kinder gehen nicht nur wegen des angebotenen Fachs zum Unterricht, sondern auch wegen des Lehrers. Die meisten älteren Kinder gehen erst regelmäßig zum Unterricht, wenn sie die Notwendigkeit von gewissen Qualifikationen und Fertigkeiten für ihr späteres Leben sehen. Die jüngeren Kinder gehen im allgemeinen gern zur Schule. Sie waren nicht lange genug in einer staatlichen Schule, um einen langanhaltenden Schulhass zu entwickeln. Ihr Unterricht hat aber wenig mit dem von gewöhnlichen Grundschulen zu tun.

Wenn ein Schüler den Unterricht häufig stört, z. B. indem er durch seine unregelmäßige Teilnahme die anderen durch seine Fragen stört, können diese beschließen, ihn nicht mehr am Unterricht teilnehmen zu lassen. Somit hat der Lehrer keine Schwierigkeiten mit der Disziplin der Kinder, denn die anwesenden Kinder wollen lernen und da der Lehrer keine Autoritätsperson ist, fällt es auch nicht in seinen Aufgabenbereich, gegen mögliche Störungen anzugehen. Für David Stephens bedeutet die freiwillige Teilnahme am Unterricht deshalb eine enorme Erleichterung für Schüler und Lehrer (Vgl. Stephens 1997, 26). Die Kinder kommen und geben ihr Bestes, so daß es in Summerhill eigentlich auch nur gute Schüler gibt (Vgl. Hammelmann 1993, 12).

5.3 Zum Stundenplan und zu den Fächern Die kleineren werden automatisch in zwei verschiedene Grundschulklassen eingeteilt und jeweils von einem festen Lehrer unterrichtet. Erst mit etwa 12 Jahren können sie sich für bestimmte Fächer eintragen. Der Stundenplan versucht, den Interessen aller Schüler gerecht zu werden. Zu diesem Zweck findet am Ende eines jeden Terms das 'Sign-up' statt. Dafür versammeln sich alle Lehrer und die älteren Schüler in der Halle und tragen sich bei dem jeweiligen Lehrer in die Fächer ein, die sie beabsichtigen, im nächsten Term zu besuchen. Die Eintragungen sind jedoch unverbindlich und haben somit keine tatsächliche Aussagekraft über die Größe des Kurses. Im allgemeinen sind zwischen vier und sechs Schüler in einem Kurs. Da es keine Klassen für die älteren gibt, sind die Schüler verschiedenen Alters. Sie belegen die Kurse häufig, um einen staatlichen Schulabschluß (GCSE) zu erlangen. Es werden folgende Fächer unterrichtet: Mathematik, Englisch, Französisch, Deutsch, Japanisch, Werken, Kunst und Töpfern, Drama, Geschichte, Geographie, Informatik, Musik und Sport (Vgl. Summerhill School (1998), 9). 5.4 Zu den Schülern Summerhills

5.4.1 Allgemeines

In Summerhill befinden sich im Durchschnitt 60-70 Schüler im Alter von 8-17 Jahren, darunter auch einige Tagesschüler aus der näheren Umgebung. Sie kommen aus verschiedenen Nationen, hauptsächlich jedoch aus Japan, Deutschland und England (Vgl. Readhead 1995, 56).

Die Schülerschaft wechselt häufig. Dafür sieht Matthew Appleton verschiedene Gründe. Für viele bedeutet Summerhill die letzte Möglichkeit zur Besserung und wenn diese eingetreten ist, werden sie von ihren Eltern wieder in eine Regelschule geschickt. Andere Kinder sind in Summerhill, weil ihre Eltern ihr Leiden in Regelschulen mit dem Verstand wahrgenommen haben, aber leider nicht mit genügend Gefühl. Wieder andere Schüler können nicht lange in Summerhill bleiben, weil das Schulgeld für ihre Familien zu teuer ist (Vgl. Appleton 1997, 34).

Der häufige Schülerwechsel stellt für Summerhill ein finanzielles Problem dar. Zusätzlich erschwert es die Selbstverwaltung (s. o.). Aus demselben Grund werden in der Regel keine Schüler über 12 Jahre aufgenommen. Neill wünschte sich das Alter der Kinder so niedrig wie möglich, damit die Kinder so unbeeinflußt wie möglich waren, sah aber durch seine eigene Tochter, daß kleine Kinder ihre Eltern brauchen und setzte somit das Mindestalter auf sechs Jahre herauf (Vgl. Kamp 1995, 424).

5.4.2 Verschiedene Altersstufen Die Schüler werden in vier verschiedene Altersstufen geteilt, die jeweils zusammen wohnen. Ihre Bezeichnungen stammen von den Namen der ursprünglichen Unterkünfte der Jungen und Mädchen, die trotz Wechsel und Erneuerung der Unterbringung beibehalten wurden. 5.4.2.1 San- und House-Kids Die 6-9-jährigen Kinder sind die 'Sans'. Sie wohnten einst in der ehemaligen Krankenstation, dem Sanatorium. Die Jungen und Mädchen wohnen zu viert gemeinsam und werden von einem Betreuer, genannt 'Houseparent',versorgt. Dieser kümmert sich um die Bedürfnisse der Kinder, hört ihnen zu, verarztet sie, wäscht ihre Wäsche u. ä.

Die 10-13-jährigen heißen 'House'. Auch sie werden von einem Houseparent betreut. Neill bezeichnete dieses Alter häufig als 'Gangster-Stadium', weil besonders die Jungen sich in dieser Zeit antisozial verhalten, viel fluchen und die Gemeinschaft tyrannisieren (Vgl. Kamp 1995, 423). Bei den meisten Kinder brechen in diesem Alter ihren alten Verhaltensweisen heraus und sie laufen mit Schwertern und Gewehren bewaffnet durch das Haus und erschrecken die anderen Kinder der Gemeinschaft. Trotz diesem für die Gemeinschaft anstrengenden Verhalten der "Gangster" sind sie bei den anderen Kindern beliebt. Ihre Vergehen werden vor das Tribunal gebracht und es wird darüber verhandelt, aber sie werden nicht als moralisch schlechte oder böse Kinder bezeichnet (Vgl. Appleton (1995), 13, 44).

Die Leistungen der jüngeren Kinder sind im Durchschnitt schlechter als die von gleichaltrigen Kindern in staatlichen Schulen. Dabei muß u. a. berücksichtigt werden, daß der Unterricht nicht in der Muttersprache de meisten Kinder stattfindet - sofern sie diesen besuchen. Es gibt besonders für jüngere Kinder wichtigeres als zum Unterricht zu gehen, z. B. zu spielen, denn "Kindheit ist Spielzeit" (Neill 1969, 79).

Hinsichtlich der Selbstverwaltung sind die jüngeren Kinder noch nicht genügend gemeinschaftsfähig und pflichtbewußt. Sie müssen erst durch die Meetings und am Beispiel der Älteren lernen, zu diskutieren und zu argumentieren und dadurch ein Gemeinschaftsleben möglich zu machen. Sie müssen noch lernen, sich in andere hineinzuversetzten und deren Persönlichkeit zu achten. Diese Fähigkeit der Selbstdisziplin beginnt erst mit der Pubertät sich zu entwickeln (Vgl. Neill 1969, 255).

5.4.2.2 Shack- und Carriage-Kids Die Jugendlichen im Alter von 13-15 werden als 'Shack' bezeichnet, da sie ursprünglich in einer Holzhütte lebten. Die Ältesten sind die 'Carriages' und waren einst in alten Eisenbahnwaggons untergebracht, da dieses die billigste Unterkunft darstellte (Vgl. Appleton 1997, 36f.).

Die älteren Schüler übernehmen die im allgemeinen Ämter und sind die eigentlichen Träger der Selbstverwaltung. Aus ihrer Altersklasse geht meistens der Chairman, die Fines- und Beddies-Officer, Ombudsmen und die Komiteeleiter hervor. Sie geben die Traditionen an die jüngeren Schüler weiter und helfen somit bei deren Sozialisation und der Aufrechterhaltung der Gemeinschaft. Dadurch werden sie von den Kleineren häufig sehr bewundert und es entstehen engere emotionale Bindungen als an die Lehrer (Vgl. Appleton 1997, 37ff.). Die Älteren zeigen ein großes Maß an sozialer Verantwortlichkeit. Durch ihr hohes Engagement im Schulalltag haben die Jugendlichen weniger Zeit für ihre Abschlußprüfungen zu lernen, so daß sie den staatlich erwünschten Standard vielleicht erst ein oder zwei Jahre später erreichen (Vgl. Hammelmann 1993, 16). Viele Schüler holen ihre Abschlüsse später an anderen Institutionen nach.

5.4.2.3 Kinder aus problematischen Familienverhältnissen Es ist laut Neill unangemessen, von 'Problemkindern' zu sprechen, da das Verhalten der Kinder immer das der Umgebung widerspiegelt. Wenn also ein Kind schwierig ist, zeigt es im Prinzip die Schwächen seiner Eltern (s. Kapitel 4.2.1.). Die eigentlichen Problemfälle sind also nicht die Kinder, sondern deren Eltern.

Summerhill ist ein guter Ort, an dem verhaltensauffällige Kinder sich zu sozialen Wesen entwickeln können. Auch schwierige Kinder wollen von ihren Bezugspersonen anerkannt und akzeptiert werden und passen sich aus diesem Wunsch heraus früher oder später dem Umfeld an (Vgl. Schmidt-Herrmann 1987, 77). Jedoch dürfen nicht zu viele zur gleichen Zeit an der Schule sein, da sie die Gemeinschaft sehr beanspruchen. Deswegen werden 'Problemfälle' nur als Ausnahme aufgenommen und häufig auch nur unter der Bedingung, daß sie wieder gehen, wenn sie zu große Konflikte innerhalb der Selbstverwaltung hervorrufen (Vgl. Appleton (1995), 45).

Kinder aus schwierigen Verhältnissen bekommen viele Chancen, bevor sie die Schule endgültig verlassen müssen. Sie geben oft den Anlaß für ein Special Meeting. In der Regel bekommen sie eine Probezeit, in der sie die Möglichkeit bekommen, sich zu bessern, andernfalls müssen sie gehen. Der sofortige Ausschluß aus der Schule geschieht nur, wenn das Kind die Sicherheit der anderen ernsthaft gefährdet (Vgl. Readhead 1995, 56). Man würde kein Kind aufgrund seiner Charaktereigenschaften von der Schule verweisen (Vgl. Appleton, (1995), 45).

In vielen Fällen wird das antisoziale Verhalten von Kindern als Bedürfnis nach Aufmerksamkeit bewertet. Um diesem Wunsch gerecht zu werden, kann es vorkommen, daß die Kinder beschließen, einen "Tag der Aufmerksamkeit" (Stephens 1997, 24) zu veranstalten oder einen Störenfried zum "King/Queen of Summerhill" zu machen (Film 'Summerhill heute', 1981).

Vorübergehende Schwierigkeiten treten immer wieder mit vielen neuen Schüler auf. Anfangs sind sie schüchtern, bescheiden, höflich und nett. Diese Verhaltensweisen sind jedoch nur scheinbar ehrlich. Die Kinder haben die Falschheit der Gesellschaft übernommen, um akzeptiert zu werden. Wenn sie dann nach Summerhill kommen, wird ihnen eine bisher ungewohnte Freiheit und Akzeptanz geboten. Zu Beginn verhalten sich die neuen Schüler wie sie es von zu Hause gewohnt sind und gehen auch zum Unterricht. Nach einer kurzen Zeit kehrt sich ihr Verhalten jedoch völlig um. Ihre Höflichkeit weicht einem permanenten Fluchen und einer Unfreundlichkeit. Statt der gewohnten Ordnung und Sauberkeit geben sie sich völlig dem Chaos hin und stellen für die Gemeinschaft einen vorübergehenden Störfaktor dar. Sie brechen alle bisher geltenden Normen und verarbeiten die bisher unterdrückten Gefühle. Erst danach sind sie bereit für die Freiheit Summerhills (Vgl. Appleton (1995), 44).

5.5 Zu den Lehrern und Betreuern In Summerhill gibt es für 60-70 Kinder etwa 12 angestellte Erwachsene und zusätzlich das tägliche Dienstpersonal, das für Küche und Reinigung zuständig ist und inzwischen drei Personen, die die Verwaltung der Schule übernehmen. Es gibt insgesamt drei oder vier Houseparents, jeweils einen für die San- und House-Kids, einen für die älteren Jungen und einen für die älteren Mädchen bzw. einen gemeinsamen Betreuer für die älteren Kinder. Für die jüngeren Kinder gibt es zusätzlich zwei Grundschullehrer. Die anderen Lehrer unterrichten jeweils spezielle Fächer (Vgl. Appleton (1995), 16). Die Hauptaufgabe des Personals besteht darin, die Kinder zu schützen und für ihr Wohlbefinden zu sorgen.

Die Entscheidung über das Einstellen und Entlassen des Personals wird allein von der Schulleitung getroffen, jedoch können Schüler und Lehrer ihre Meinung über Neuanwärter vertreten. Die meisten Kinder interessieren sich allerdings nicht für die organisatorischen Angelegenheiten der Schule.

Neill war nicht an der beruflichen Ausbildung oder den Methoden seines Personals interessiert. Er bestätigt dies durch Äußerungen wie "Ich glaube, daß man zum Lehrer geboren sein muß und daß sonst alle Ausbildung an allen Hochschulen keinen guten Lehrer aus einem macht" oder "Das Lehren ist eine Kunst, keine Wissenschaft" (Neill 1982, 205, 188). Sein Hauptkriterium lag in der Übereinstimmung mit seinen Grundsätzen und daß sie keine Sonderstellung durch ihr Alter gegenüber den Kindern erwarteten (Vgl. Kamp 1997a, 74). Tatsächlich wurden sogar viele Freunde Neills oder einstige Besucher dort Lehrer, wodurch es zeitweise zu Schwierigkeiten kam und Neill häufig nicht in der Lage war, den Lehrern zu kündigen (Vgl. Kamp 1995, 415).

Das Personal hat seine eigenen Meetings. Dort werden über Themen wie Sicherheit der Schüler, Schulinspektionen oder über besonders schwierige Kinder gesprochen. Die Erzieher sind entscheidend für das Funktionieren der Schule. Durch ihre scheinbare Untätigkeit schaffen und erhalten sie die Struktur, die die Selbstverwaltung erst ermöglicht. Darüber hinaus sind sie für die Befriedigung der Bedürfnisse der Kinder zuständig. Es fällt jedoch nicht in ihren Tätigkeitsbereich, für das Einhalten der Regeln zu sorgen. Das ist die Aufgabe der Gemeinschaft. Die Aufgabe der Erzieher ist nicht wie an traditionellen Schulen zu belehren, sondern für Herausforderungen zu sorgen, die neue Lernsituationen schaffen.

Ihre Haupttätigkeit besteht jedoch darin, die Kinder ohne Vorbehalte oder Vorurteile zu verstehen und zu akzeptieren (Vgl. Kamp 1997a, 128ff.).

Das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern ist sehr gut, da keine Hierarchie zwischen ihnen besteht und dadurch kein Minderwertigkeitsgefühl beim Kind entstehen kann. Sie unterscheiden sich nur im Grad ihres Wissens und ihrer Erfahrungen und den gilt es durch den Unterricht und das Leben in der Gemeinschaft zu vermindern (Vgl. Schmidt-Herrmann 1987, 107). Wenn also ein Erwachsener in das Verhalten der Kinder eingreift, dann macht er dieses "...nicht als Erwachsener mit großen 'E', sondern als fürsorgliches Mitglied der Gemeinschaft, das nur zufällig ein Erwachsener ist" (Appleton (1995), 35). Diese Zurückhaltung ist oftmals schwer.

In Summerhill wechselt das Personal relativ häufig. Dieses hat viele Gründe, es liegt z. B. daran, daß Lehrer in Summerhill wenig Privatleben besitzen, daß sie weniger Geld als im Staatsdienst verdienen und sie dadurch nicht unbedingt eine Familie ernähren können, daß dort keine Karriere möglich ist oder daß es zu Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Prinzipien kommt (Vgl. Appleton 1997, 34f.). Zudem muß man auch ein wirklich guter Lehrer sein - andernfalls kommen die Kinder nicht mehr zum Unterricht und können die mangelnde Unterrichtsqualität sogar in dem Meeting vorbringen und eine Verbesserung verlangen (Vgl. Neill 1982, 182). Viele der Lehrer kehren nach ihrer Tätigkeit in Summerhill nicht wieder ins staatliche Schulsystem zurück, sondern suchen sich andere Beschäftigungen.

Der relativ schnelle Wechsel des Personals ist nicht besonders vorteilhaft für die Schule, da diese etwa zwei Jahre brauchen, um sich einzuarbeiten und um wirklich die Besonderheiten Summerhills leben und berücksichtigen zu können. Deswegen sollten nicht zu viele neue Lehrer zur gleichen Zeit in Summerhill unterrichten (Vgl. Readhead 1995, 51).

5.6 Zu den Eltern Es gibt drei verschiedene Typen von Eltern, die ihre Kinder nach Summerhill schicken. Die einen glauben fest an Summerhills Prinzipien und unterstützen diese. Die Mehrheit der Eltern schickt ihre Kinder jedoch dorthin, weil diese Probleme an anderen Schulen haben. Solche Eltern sind wenig vertraut mit den besonderen Merkmalen der Schule. Dadurch entstehen Differenzen zwischen der Schule und dem Elternhaus, so daß diesen Kindern der natürliche Zugang zum Unterricht erschwert wird. Wieder andere Eltern werden auf Summerhill als letzte Möglichkeit für ihre schwer gestörten Kinder aufmerksam. Diese Kinder werden meistens jedoch von Summerhill abgelehnt, da diese Art von Eltern dazu neigt, die Schule für mögliche Mißerfolge des Kindes verantwortlich zu machen (Vgl. Readhead 1995, 57ff.).

Das einzige, was von den Eltern verlangt wird, ist, daß sie nicht gegen die Schule arbeiten. Das Umsetzen dieses Vorhabens stellt sich in der Praxis jedoch als nicht besonders einfach heraus. Viele Eltern greifen ein, wenn sie etwas stört. Es ist jedoch schwer für ein Kind in Summerhill zu leben, wenn ihre Eltern die Prinzipien der Schule nicht unterstützen oder gar Kritik an ihnen äußern. Es verwirrt die Kinder und gewisse Äußerungen, wie z. B., daß die Eltern sich sehr über den Unterrichtsbesuch ihres Kindes freuen würden, lassen Schuldgefühle entstehen, da das Kind es gewohnt ist, selbst zu entscheiden, ob es am Unterricht teilnimmt (Vgl. Appleton (1995), 47). Viele Eltern sind besorgt um den Leistungsstand ihrer Kinder, wenn sie erfahren, daß ihr Kind nicht zum Unterricht geht und weder Lesen, noch Schreiben kann. Über solche und andere Bedenken können die Eltern jederzeit mit der derzeitigen Schulleiterin Zoë Readhead sprechen.

Die Sorgen um den Leistungsstand der eigenen Kinder treten auch bei Lehrern auf, die dort leben und ihre Kinder dort haben und selbst Neill machte sich insgeheim Sorgen um den Bildungsstand seiner Tochter (Vgl. Kamp 1995, 422).

Dennoch unterstützt Summerhill die Eltern-Kind-Beziehung. Speziell bei neuen und jüngeren Kindern sind häufige Besuche und Briefe oder Telefonate der Familie wichtig. Ansonsten gibt es in jedem Term zwei Besuchswochenenden, die 'Parents` Weekends' (Vgl. Summerhill School 1994, 37).

5.7 Zusammenfassung Die auffälligste Besonderheit Summerhills besteht in der Selbstverwaltung. Zu diesem Zweck treffen sich die Schüler zweimal wöchentlich im General Meeting, um hauptsächlich über Gesetze abzustimmen und im Tribunal, um über deren Verstöße zu urteilen. Die Selbstverwaltung manifestiert sich darüber hinaus in verschiedenen Officers für die Leitung unterschiedlicher Bereiche des Alltags und Komitees, die für bestimmte Anlässe eingerichtet werden. Die Selbstverwaltung wird hauptsächlich von den älteren Schülern getragen und tradiert, da diese erfahrener und verantwortungsbewußter im Gemeinschaftsleben der Schule sind. Dennoch besteht absolute Gleichheit zwischen den Schülern aller Altersklassen und selbst Erwachsene haben keine gesonderten Rechte.

Der Unterricht in Summerhill ist freiwillig. Die meisten Kinder gehen jedoch regelmäßig zum Unterricht und viele von ihnen besuchen anschließend Colleges oder andere Institutionen zur Weiterbildung.

Der Umgang mit den Eltern kann zu Konflikten bei den Kindern führen, wenn diese Summerhills Prinzipien nicht unterstützen. Dennoch wird der enge Kontakt zu den Kindern sehr begrüßt.



Hausarbeit (1. Staatsprüfung) 1999, Universität Lüneburg: Stefanie Bosselmann: We don't need no education" - Summerhill einst und jetzt.
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Fortsetzung: (6. Summerhill nach Neill)