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von und über Summerhill und Schulkritik
Summerhill und die Situation 100 Jahre später


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Wiss. Hausarbeit, 1. Staatsex. 1996, B. Ahrens, PH Heidelberg
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Fortsetzung: Neills Leben als Grundlage seiner Pädagogik




Laßt von der Wiege an den Menschen ungestört!
treibt aus der engvereinten Knospe seines Wesens,
treibt aus dem Hüttchen seiner Kindheit ihn nicht heraus!
tut nicht zu wenig,
daß er euch nicht entbehre
und so von ihm euch unterscheide,
tut nicht zu viel,
daß er eure oder seine Gewalt nicht fühle,
und so von ihm euch unterscheide,
kurz,
laßt den Menschen spät erst wissen,
daß es Menschen,
daßes irgend etwas außer ihm gibt,
denn nur so wird er Mensch.
Friedrich Hölderlin; Hyperion

  1. Einleitung

    1. 1. Vorwort

Das Interesse für diese wissenschaftliche Arbeit entwickelte sich in Großbritannien, als ich dort an einer staatlichen Schule ein einjähriges Fremdsprachenassistentenjahr absolvierte. Mit dem Thema "Summerhill kam ich in Kontakt, als ein Englischlehrer im Verlauf einer Unterrichtseinheit zum Thema The ideal type of a free school" die Internatsschule Summerhill vorstellte. Er führte die Videoaufzeichnung einer "Channel 4"-Dokumentation von 1991 vor, die von der britischen Bevölkerung sehr kontrovers aufgenommen wurde und in deren Folge die Existenz und Legitimität von freien Schulen im allgemeinen und von Summerhill im besonderen zu einem Punkt auf der gesellschaftlich-politischen Agenda in Großbritannien wurde. Die Darstellung von Summerhill in dieser Dokumentation entsprach in keinster Weise dem Bild, das ich während eines Seminars im Sommersemester 1993 mit dem Titel "Renaissance der Reformpädagogik" bekommen hatte, da der Akzent des Berichts bei der Darstellung der Schattenseiten lag, wie etwa einer relativ großen individuellen Freiheit der Schüler, und das Ziel des Films weniger eine möglichst neutrale Darstellung des Lebens in Summerhill als das Zeigen möglichst spektakulärer Bilder unabhängig von ihrer Repräsentativität gewesen sein dürfte. Die Unterschiedlichkeit meines vorherigen Summerhill-Bildes und der Aussagen dieser Dokumentation veranlaßten mich, mich mit der Schule selbst in Verbindung zu setzen, da ich mir einen eigenen Eindruck verschaffen wollte. Ich besuchte Summerhill zum ersten Mal im Mai 1995 und stellte fest, daß die Darstellung in der erwähnten Fernsehdokumentation eine gewisse Diskrepanz zu meinem Eindruck von Summerhill aufwies. Das Zusammenleben der Schüler mit all seinen positiven und negativen Seiten auf eine völlig von der traditionellen Schulausbildung verschiedene Art faszinierte mich, und so beschloß ich, mich näher mit den Ansichten des Summerhill-Gründers A.S. Neill und der Umsetzung in Summerhill zu beschäftigen.

    1. 2. Thematische Grundlage

Die Auffassung von Erziehung, die der Pädagogik A.S. Neills und seiner Schule Summerhill in Leiston in der englischen Grafschaft Suffolk zugrundeliegt, soll in der vorliegenden Arbeit behandelt werden.

Neill veröffentlichte zahlreiche Bücher über Kinder- und Jugendpsychologie und über Erziehungsfragen, in denen er seine Vorstellungen zur antiautoritären Kindererziehung vor allem an praktischen Beispielen darzustellen versuchte. Sein Hauptargument war, daß sich ein Kind nur in Freiheit entwickeln kann. Dabei lehnte er jede Form von Zwang und Unterdrückung in der Erziehung ab. Die Schule Summerhill erlangte weltweit Aufmerksamkeit als reformpädagogisches Modell einer freien Schule, die auf jegliche Gewalt in der Erziehung verzichtet. Neills charakteristisches Erziehungskonzept ist durch eine konsequente Haltung gegenüber dem Heranwachsenden gekennzeichnet.

Summerhill ist weit über England hinaus bekannt geworden. In Deutschland fanden Neill und seine Internatsschule vornehmlich Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre große Beachtung, was nicht zuletzt mit dem Erscheinen seines Werkes "Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung" (1969) zu erklären ist.

Noch einige Jahre zuvor war Neill in England und vor allem in der Bundesrepublik fast unbekannt, und kaum jemand interessierte sich für seine Ideen und seine Schule. Doch gegen Ende der sechziger Jahre wurde durch eine neue Bewegung der politischen Linken das öffentliche Interesse für eine neue Erziehungspädagogik geweckt. Der Begriff der antiautoritären Erziehung wurde plötzlich stark diskutiert. Man beschäftigte sich mit verschiedenen vor allem freiheitlichen Erziehungskonzepten.

Viele Eltern und Erzieher nahmen Ende der sechziger Jahre und zu Beginn der siebziger Jahre begeistert antiautoritäre Grundsätze in ihre Erziehungspraxis auf, um ihre Kinder in Freiheit und ohne Gewaltanwendung und Zwang aufwachsen zu lassen. Es war das gemeinsame Ziel, die Autonomie und Selbständigkeit des Kindes in vollem Maße zu achten.

    1. 3. Methodisches Vorgehen

Für ein umfassendes Verständnis ist es notwendig, die Biographie und den Werdegang von A.S. Neill zu berücksichtigen, da nach meiner Meinung ein großer Teil seiner pädagogischen Auffassungen in seiner Biographie verwurzelt sind. Ferner sollen die geistigen "Väter" seines Erziehungskonzepts, also die Lehrer, die ihn beeinflußt und zu seinem freiheitlichen Erziehungskonzept geführt haben, kurz dargestellt werden. Danach wird auf die erzieherischen Ansichten Neills, die zu einem großen Teil aus seiner Biographie abzuleiten sind, eingegangen. Das darauffolgende Kapitel "Das Modell Summerhill in der heutigen Praxis" beschreibt, wie die Pädagogik Neills gegenwärtig in der von ihm gegründeten Schule umgesetzt wird. Dabei spielen die Beobachtungen, die ich während meiner Besuche in Summerhill machte, eine bedeutende Rolle.

Da A.S. Neills Pädagogik und seine Schule Summerhill einen bedeutenden Einfluß auf Schulgründungen in der Bundesrepublik Deutschland Anfang der siebziger Jahre ausübten, wird erläutert, wie sich Neills antiautoritäre Ansätze in Deutschland, in der Kinderladenbewegung und in der späteren Gründung von Alternativschulen manifestierten, und wie diese deutschen antiautoritären Ansätze sich von Neillschen Auffassungen weiterentwickelten.

Die Zielsetzungen und Leitlinien der Pädagogik A.S. Neills und ihre Umsetzung in Summerhill werden im darauffolgenden Kapitel einer kritischen Würdigung unterzogen. Daran schließt sich das letzte Kapitel an, das sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit sich Summerhillsche Prinzipien auf das deutsche Schulsystem übertragen lassen oder nicht.

Ein großes Problem bei der Abfassung dieser Arbeit war für mich der Umstand, daß ein Großteil der Literatur zur Pädagogik Neills und zu Summerhill in der "heißen Phase" der Neill-Rezeption, der ausklingenden Studentenbewegung in den frühen 70er Jahren, verfaßt worden ist und das Thema seitdem nur noch recht wenig Beachtung gefunden hat. Um mir dennoch ein Bild der heutigen Situation in Summerhill machen zu können, habe ich Summerhill besucht und bin mit verschiedenen ehemaligen Schülern von Summerhill bzw. den Eltern von Kindern, die zur Zeit dort zur Schule gehen, in Verbindung getreten. Von ihnen ist mir sehr viel aktuelles Material, vor allem zur Behandlung des Themas Summerhill in der englischen Presse der neunziger Jahre, zur Verfügung gestellt worden, wofür ich mich an dieser Stelle herzlich bedanke. Zur Dokumentation der Situation in Summerhill heute habe ich während meines Besuchs dort einen Videofilm erstellt. Für die tatkräftige Unterstützung durch Herrn Klug vom Audiovisuellen Zentrum (AVZ) der Pädagogischen Hochschule Heidelberg danke ich an dieser Stelle ebenfalls recht herzlich.



Wiss. Hausarbeit, 1. Staatsex. 1996, B. Ahrens, PH Heidelberg
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