Diss: Axel Kühn: Alexander Neill
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     (& Leonhardt 1970)
     (& Popenoe 1971)
     (& Hemmings 1972)
     (& Schmidbauer 1972)
     (& Neill, Neill, Orange Peel 1972)

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& Hart 1970

1970 veröffentlichte Harold Hart, der für die Zusammenstellung und Veröffentlichung von "Summerhill" (1960 in den USA) verantwortlich war, eine Sammlung von Aufsätzen mehr oder minder bekannter überwiegend amerikanischer Autoren, die aufgefordert worden waren, sich mit Neills Ideen und der Praxis in Summerhill auseinanderzusetzen. Das Buch "Summerhill ­ for and against" (in Deutschland: "Summerhill ­ pro und contra") hat wohl die größte Verbreitung aller Veröffentlichungen über Neill und Summerhill erreicht und wurde in allen nachfolgenden Titeln diskutiert.

Eingeleitet wird die Sammlung von dem extrem konservativen Kalifornier Max Rafferty, der einen großen Bogen schlägt: "Rousseau hat eine aberwitzige Erziehungstheorie ausgeheckt, die nun, nachdem sie zwei Jahrhunderte lang in den Wehen gelegen hat, noch einmal einen Bastard zur Welt gebracht hat: Neills steinzeitliche Version jener heiligen Hallen der platonischen Akademie ­ Summerhill." [S.13] Und der meistzitierte Satz aus diesem Buch stammt ebenfalls von Max Rafferty: "Ich könnte eines meiner Kinder ebensogut in einem Bordell anmelden wie in Summerhill." [S. 19]

Weitere Autorinnen und Autoren, unter ihnen Bruno Bettelheim und Erich Fromm, kommen zu Wort. Es werden unterschiedlich differenzierte Standpunkte dargestellt, so schreibt der Geistliche John M. Culkin: "Ich bin zwar nie in Summerhill gewesen, aber ich weiß daß es eine heilige Stätte ist" [S.28], und Fred Hechinger, der Herausgeber des Erziehungsteils der New York Times stimmt in diese Betrachtungsweise mit ein: "Unbestreitbar ist, daß Neill ein Mensch ist mit der Seelenkraft und Charakterstärke eines Heiligen." [S.34] Aber auch kritische Positionen kommen zur Sprache. So wird in mehreren Aufsätzen die "Inselsituation" Summerhills angesprochen und die Bedeutung der Persönlichkeit Neills für den Charakter der Schule. Bruno Bettelheim beklagt, daß Neill ein beklagenswert unzulänglicher und naiver Theoretiker sei [S.86 und 88] und Erich Fromm hebt hervor, daß es weniger das pädagogische Konzept Summerhills sei, das den Erfolg der Schule, rechtfertige als die lebensbejahende Grundhaltung Neills.

Die Aufsatzsammlung spiegelt die Diskussion der späten 60er Jahre wider, vieles wird im Licht der (in den USA eher milden) Studentenunruhen betrachtet und die meisten Autorinnen und Autoren mahnen eine nüchterne Betrachtungsweise an. Gleichwohl sind immer wieder Beiträge eingestreut, die eine stark polarisierende Position beziehen. Die Themenschwerpunkte in diesen eher kritischen Beiträgen beziehen sich häufig auf den Umgang mit Sexualität an der Schule, Neills Einstellung zur Psychoanalyse und seine Kenntnisse über sie werden diskutiert, die selbstbestimmte Form des Lernens in Summerhill wird in Zusammenhang mit den studentischen Unruhen gewürdigt oder der Einbezug emotionaler Aspekte in Erziehungs­prozesse als Gegengewicht zum ausschließlich kognitiven Lernen.

Harold Hart ist es gelungen, eine Sammlung von Texten zusammenzutragen, die unterschiedlichste Positionen zu Neill und Summerhill enthält und die die öffentliche Diskussion der damaligen Zeit zugleich widerspiegelte und belebte.



& LEONHARDT 1970

Klaus-Dieter Leonhardt hat im Jahr 1970 im Eigenverlag eine 63-seitige bebilderte Broschüre mit dem Titel "Summerhill - Antiautoritäre Erziehung. Erziehung ohne Perspektive" veröffentlicht. Wie bereits dem Titel zu entnehmen, ist nimmt Leonhardt Neill und Summerhill gegenüber eine sehr kritische Haltung ein. Ursprünglich war er von der Lektüre des Buches "Summerhill" so fasziniert, daß er sich entschloß, die Schule 1970 zu besuchen und Alexander Neill zu befragen. Das so zustande gekommene Interview ist in Leonhardts Veröffentlichung abgedruckt. Darin geht es um den Erfolg von Neills Buch in Deutschland und um Neills Einschätzung der Erfolge Summerhills im Kontext der aktuellen weltpolitischen Lage. Neill bringt zum Ausdruck, daß die Erziehung in Summerhill keinen politischen Anspruch hat und er die Inhaber politischer Macht - unabhängig vom politischen System - für korrupt und gefährlich hält. Im Anschluß an das Interview interpretiert Leonhardt Neills Aussagen und es wird deutlich, daß er eine Kapitalismuskritik Neills erwartet hätte und mit der globalen Politik- und Gesellschaftskritik Neills nicht zufrieden ist. Er greift Neills Erziehungsidee als Schritt in die richtige Richtung auf, macht aber eine (wünschenswerte) Übertragung auf den Schulbereich von klassenkampforientierten Ergänzungen abhängig.

Klaus-Dieter Leonhardts Schrift bildet in kompakter Weise die Diskussion um Summerhill, wie sie in studentischen und sozialistischen Kreisen Anfang der 70er Jahre in Deutschland geführt wurde, ab. Sie bildet einen Gegenpol zum - wie Leonhardt es ausdrückt - "derzeitigen liberalen Summerhill-Boom" (S.63), der sich darin erschöpfe, die Theorie Neills unkritisch zu übernehmen und sie als Alternative zum heutigen Schulsystem hinzustellen.



& POPENOE 1971

Der Amerikaner Joshua POPENOE, der in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre für vier Jahre Schüler in Summerhill war, hat 1970 in den USA einen großformatigen Bildband über seine Zeit an der Schule veröffentlicht. Da die Popularität Summerhills in jenen Jahren ihren Gipfel erreicht hatte, wurde das Buch 1971 auch in Deutschland veröffentlicht. Es ist anzunehmen, daß der Herausgeber Harold HART, der sich schon bei der Veröffentlichung von Neills Schriften viele Freiheiten erlaubte, die dem Autor widerstrebten, dem damals 17-jährigen Joshua POPENOE beim Schreiben seines Berichtes vielfach die Feder geführt hat.[36] Insofern sind die Bewertungen der Schule mit einiger Vorsicht zu betrachten. POPENOE beschreibt in seinem Buch die schwierige erste Zeit, in der er sich an der Schule zurechtfinden mußte. Er schildert die informellen Beziehungen der Schülerinnen und Schüler untereinander und berichtet von Cliquenbildung und ungeschriebenen Regeln. Gleichzeitig bildet er den Schulalltag und seine Organisation ab und beschreibt immer wieder in der Schulversammlung kontrovers diskutierte Themen wie "Fluchen" und "Schlafenszeiten".

Die Fotografien zeigen überwiegend die Kinder der Schule bei ihren Beschäftigungen. Klassischer Schulunterricht ist auf keiner Aufnahme zu erkennen, es wird gespielt, gebastelt, gebadet, Schneeballschlachten finden statt und Ausflüge zum nahegelegenen Strand sowie samstägliche Schulversammlungen sind zu betrachten. Auf einigen Aufnahmen sind Lehrer und/oder Neill und seine Frau Ena zu sehen.



& HEMMINGS 1972

Das Buch, das Ray Hemmings 1972 vorlegte, baut in weiten Teilen auf Gespräche des damaligen Summerhill-Lehrers mit Neill auf (dessen in großen Teilen seit langem geschriebene Autobiographie zu diesem Zeitpunkt auch erschien). Darüberhinaus hat HEMMINGS Bild- und Textmaterial in England und Schottland gesammelt und die Bedingungen an der Schule gegen Ende der sechziger Jahre eingehend studiert.

HEMMINGS beschreibt unter dem Titel "Fifty Years of Freedom. A study of the development of the ideas of A.S.Neill" die Entwicklung der "Summerhill-Idee" in Zusammenhang mit den sie begleitenden historischen Prozessen und vergleicht Neills Einstellungen vielfach mit denen anderer bedeutender Erzieherpersönlichkeiten, die in Kontakt mit Neill standen und die in der gleichen Zeit wirkten. Dabei ist HEMMINGS durchaus kritisch gegenüber Neill. So durchleuchtet er z.B. Neills Beziehung zu Bertrand Russell und erkennt, daß Neill seine Freundschaft mit dem bekannten Philosophen sehr wohl auch nutzt, um Popularität zu erlangen [S.77f]. Die Themenschwerpunkte in HEMMINGS Buch sind eingebettet in den historischen Bericht. Sie konzentrieren sich auf die Rolle Neills in der Schule [S. 147ff] sowie Neills öffentliches Wirken und die Folgen der Veröffentlichung von "Summerhill" [S.154ff]. HEMMINGS diskutiert die Ergebnisse der Studie Emanuel Bernsteins, der ehemalige Summerhill-Schülerinnen und Schüler befragt hat [S.136ff] und analysiert die in Herb Snitzers Veröffentlichung von 1964 wiedergegebenen Gesprächsprotokolle [S.141ff]. Er geht auf die Einschätzungen von Neills Zeitgenossen über die Bedeutung und Wirksamkeit seiner Idee ein [S.161ff] und stellt selbst eine Umfrage unter Schulleiterinnen und -leitern englischer Schulen an, deren Ergebnis er in dem Buch präsentiert [S.164ff].

In einem abschließenden Kapitel versucht Ray HEMMINGS die zentralen Aspekte von Neills Erziehungsidee systematisch zusammenzufassen und ihnen die zeitgenössischen Theoriekonstrukte gegenüberzustellen (Marcuse, Skinner, Holt, Holbrook, Laing, u.a.). Er beendet sein Buch mit dem Satz: "It was a demonstration of such an anti-school that was Summerhill." [S.194]

HEMMINGS Beschreibung des historischen Prozesses ist detailreich und wohl recherchiert. Seine Interpretationen und Gegenüberstellungen von vergleichbaren Theorien und Beispielen machen das Buch streckenweise schwer lesbar, da er notgedrungen weit ausholen muß. Besonders gegen Ende, als HEMMINGS sich grundlegenden Theorieansätzen zuwendet, ist es schwer, die Zusammenhänge mit Neills Erziehungsidee im Blick zu behalten.



& SCHMIDBAUER 1972

Wolfgang Schmidbauer konzentriert sich in seinem Buch "Erziehung ohne Angst" auf "die Auseinandersetzung um autoritäre oder antiautoritärte Erziehung." [S.11] Dabei unterscheidet er bereits 1972 - also in der heißesten Phase der Diskussion um dieses Modell - bewußt Neills "freiheitliche" Pädagogik von der antiautoritären Bewegung in Folge der 68er-Bewegung. SCHMIDBAUER steht Neill und Summerhill nicht unkritisch gegenüber. Die Quellenangaben in seinem Buch erwecken den Eindruck, Schmidbauer habe frühere Bücher Neills im Original gelesen. Dabei hat er ausschließlich Zitate aus MONTAGU in HART 1970 [S.45ff] abgeschrieben. Er referiert die Anfang der 70er Jahre virulente Diskussion über Summerhill und greift Ergebnisse Bernsteins [ebenfalls aus MONTAGU in HART 1970] über dessen Befragung ehemaliger Schülerinnen und Schüler auf.

SCHMIDBAUERS Buch bildet im weiteren Verlauf einen wissenschaftlich geprägten Erziehungsratgeber. Er stellt autoritäre und freiheitliche Erziehungsstile gegenüber und vermeidet "Erziehungsrezepte". Statt dessen versucht er, auf eine Haltung hin zu wirken, die Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen befähigt, Kindern so gegenüberzutreten, daß sie keine Ängste entwickeln. Die Themenschwerpunkte beziehen sich also auf individuelle Erziehungsstile, die SCHMIDBAUER aus den Texten Neills ableitet, ohne zu genau auf die Details des Schulgeschehens einzugehen.

Gemessen an der kontroversen Diskussion der Zeit, in der SCHMIDBAUERS Buch entstanden ist, muß seiner moderaten Position Achtung entgegengebracht werden. Er hat sich mit seiner Publikation zwischen die erbitterten Lager der konservativen und radikalreformerischen Pole begeben und in gewisser Weise zur Vermittlung der unversöhnlichen Standpunkte beigetragen. Daß seine Sympathien dabei auf Seiten Neills und Summerhills liegen kommt dennoch klar zum Ausdruck und wird nicht verhehlt.

Wolfgang SCHMIDBAUER arbeitet heute als Psychoanalytiker.



Bereits im Sommer 1969 hatte Neill seine von den Werkräumen der Kinder getrennte persönliche Werkstatt aufgegeben und die Werkzeuge der Schule zur Verfügung gestellt [vgl. NEILL 1972, S.320; vgl. auch CROALL 1983a, S.238]. In dieser Zeit begann sein Interesse am Schulgeschehen nachzulassen, und er überließ seiner Frau Ena immer mehr Arbeit. Nach wie vor war er es jedoch, der die Schule repräsentierte, und die stark ansteigenden Besucherzahlen (an einzelnen Wochenenden waren bis zu 300 unangemeldete Gäste in Summerhill [vgl. TES 12.11.1971, S.11; vgl. auch CROALL 1983b, S.387]) schmeichelten ihm genau so sehr wie sie ihm und der Schule allmählich zur Last fielen. Die Fremden drangen in alle Gebäude und Zimmer ein und kümmerten sich zum Teil nicht um die Einwände der Kinder. Diese äußerten daraufhin, daß sie sich wie Tiere in einem Zoo fühlten [vgl. BERNSTEIN in: Psychology Today 10/1968, S.38]. Die samstägliche Self-government-Sitzung konnte zum Teil wegen Überfüllung nicht regulär abgehalten werden. Im Herbst 1971 verhängten die Schüler ein Besuchsverbot [vgl. hierzu auch Popenoe 1971, S.43ff], was Neill einerseits kränkte, andererseits aber stark entlastete.[37] Er hatte bereits kurz vorher einen Schlaganfall erlitten und einige Zeit im Krankenhaus verbracht [vgl. CROALL 1983b, S.387]. Einhergehend mit dem Besuchsverbot kündigte Neill an, daß er keine Interviews mehr geben werde [vgl. TES 12.11.71]. Diese Selbsteinschränkung Neills wußten einige Besucher und Besucherinnen geschickt zu umgehen, womit sie sich später in Ihren Artikeln selbst brüsteten [vgl. Heilmann in: Süddeutsche Zeitung 19./20.06.1971; vgl. auch Der Mythos Summerhill in: X-Magazin, H.5 1971; sowie Gauch in: FAZ 22.06.1974].

Im September 1972 schrieb Neill: "After being called a follower of Rousseau for 50 years I have just read Emile, and with some disappointment, for the blighter wanted his pupil to have freedom within the ideas of his tutor." [NEILL in: CROALL 1983a, S.172 (Hervorhebung im Original); vgl. auch NEILL 1972, S.324; sowie NEILL 1967, S.131; vgl. hierzu auch Kurzweil 1974, S.117; zum Verhältnis der Pädagogik J.J.Rousseaus zu der A.S.NEILLs vgl. BARROW 1978, S.5f, 67f; und DARLING in: Journal of Philosophy of Education 16(1982), H.2, S.178ff; und CARR in: Journal of Philosophy of Education 19(1985), H.1, S.55ff] Schon 1967 hatte Neill in Talking of Summerhill nahezu stolz berichtet: "Ich habe Rousseau nie gelesen. Auch bei meinem Versuch, John Dewey zu lesen, hatte ich nicht viel Erfolg. Von Maria Montessori, die das Kind dem Apparat anpassen wollte, habe ich nichts gelernt." [NEILL 1967, S.131] (Dabei beschäftigte er sich schon in seinem zweiten Buch A Dominie Dismissed mit dem Pädagogen Rousseau [vgl. NEILL 1917, S.574]).

In einer Diskussion mit Maria Montessoris Sohn Mario, die in den sechziger Jahren von einer amerikanischen Zeitschrift dokumentiert wurde, gelang es Neill wieder nicht, sich mit der Montessori-Methode anzufreunden.

Er verwendete dieselben Argumente, die er bereits in den zwanziger Jahren gegen diese Methode angeführt hatte [vgl. NEILL 1921b. S.249, 341f; vgl. auch NEILL 1967, S.42f], obgleich er in seiner Anfangseuphorie bei der Gründung der internationalen Schule in Hellerau zusätzlich eine Montessori-Schule vorgesehen hatte [NEILL in: New Era 2(1921), S.33]. "Maybe therešs too much attempt by the Montessorians to impose adult patterns. I feel that way without the evidence. I donšt know enough about it, you see. I just feel therešs a sort of adult pattern coming out of it, somehow." [NEILL in: O'Neill 1969, S.204] Auffälliges Merkmal dieser Unterhaltung war, daß Mario Montessori häufig das Thema wechselte, während Neill sich allzuleicht dazu verführen ließ, Anekdoten aus seinem pädagogischen Leben zu erzählen. Scheinbar einig gingen die bei den Vertreter so unterschiedlicher, pädagogischer Konzepte  auseinander ohne einander tatsächlich näher gekommen zu sein.

& Neill, Neill, Orange Peel 1972

1972 erschien in den Vereinigten Staaten Neills Autobiographie Neill! Neill! Orange Peel! A Personal View of Ninety Years (deutsch: Neill, Neill, Birnenstiel!). Neill hatte bereits im Juli 1967 erneut angefangen, daran zu arbeiten, wie er in einem Brief an den amerikanischen Universitätsdozenten Joseph Kirschner schreibt: "It was good of you to offer to write my Life. Oddly enough I began myself to do so a few weeks ago, grudgingly, for I feel that the only thing interesting about a man is what he does, not how he got to do it. It doesnšt seem to matter that Wilde was a homo or that Barrie and Calyle and Ruskin were impotent, or for that matter that Dylan Thomas drank too much. I have often been glad that we donšt know a damn thing about Shakespeare ... think of all the reams of paper that would have been used up." [NEILL in: CROALL 1983a, S.157f] Neills Autobiographie besteht aus zwei Abschnitten. Der erste Teil wurde bereits 1939 auf Anraten Wilhelm Reichs ge- schrieben, als Neill bei ihm eine Analyse machte.  Dieses Manuskript hatte er wie derholt Verlegern vorgelegt, die es jedoch zurückwiesen [vgl. NEILL in: CROALL 1983a, S.144, 138, 148]. Die enorme Nachfrage nach Summerhill hatte Harold Hart veranlaßt, Neill vorzuschlagen, nun - in hohem Alter - einen zweiten Teil anzufügen. Dieser zweite Abschnitt unterscheidet sich stark von der chronologischen Erzählweise des ersten Teils. Hier faßt Neill (wie schon in Talking of Summerhill) Themenblöcke zusammen und schildert diskursiv beispielsweise seine Beschäftigung mit Psychologie, sein Verhältnis zum Glauben oder Wunschträume und Enttäuschungen. Harold Hart hatte erneut Änderungen an dem Buch vorgenommen, die Neill nicht behagten [vgl. NEILL in: CROALL 1983a, S.171, 173].

So sollte der Titel ursprünglich Neill, Neill, Banana Peel lauten, wurde aber später in Neill! Neill! Orange Peel! abgeändert [vgl. NEILL in: CROALL 1983a, S.169]. In England erschien das Buch ein Jahr später: 1973.

Zu diesem Zeitpunkt verschlechterte sich Neills Gesundheitszustand rapide. Seit geraumer Zeit hatte er starke Schmerzen und nahm, wie seinen Briefen zu entnehmen ist, häufig Medikamente dagegen [vgl. NEILL in: CROALL 1983a, S.242ff]. Aufgrund eines Prostataleidens mußte er im Juli 1973 in eine Klinik. Hier bekam er weitere starke Medikamente, die seine Wahrnehmung trübten. So sagte er während eines Besuches von Michael Duane, dem ehemaligen Rektor der Risinghill School, und dessen Tochter Margret, die in Summerhill als Hausmutter gearbeitet hatte, "Och, Margaret lassie, I should never have left you behind. I should have had the courage to think that you could grow with me." [NEILL zitiert in: CROALL 1983b, S.409] Damit meinte er Margaret Ritchie, in die er in Newport-on-Tay im Jahre 1906 verliebt gewesen war.

Nach diesem Klinikaufenthalt schlief Neill die meiste Zeit und nahm nur noch wenig Nahrung zu sich. Mitte September kam er in die Klinik im benachbarten Aldeburgh, wo er von einer ehemaligen Schülerin, Rae Wylie Thomas, betreut wurde. Sie versuchte, ihm die Angst vor einem schmerzhaften Tod zu nehmen [vgl. CROALL 1983b, S.409].

Am 23. September 1973 starb Alexander Neill, aufrecht in einem Rollstuhl sitzend. Neben seinem Bett lag sein Lieblingsbuch "The House with the Green Shutters" von George Douglas Brown [vgl. Duane in: TES 28.09.1973; vgl. auch CROALL 1983b, S.409f]. Neills Asche wurde auf dem Friedhof von Leiston in einem kleinen Urnengrab beigesetzt. Auf den Grabstein ließ Ena die schlichten Worte schreiben: "Alexander S. Neill 17.10.1883 - 23.9.1973 Founder of Summerhill School".



Fußnoten:



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