Diss: Axel Kühn: Alexander Neill
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Ute SCHMIDT-HERRMANN publizierte 1988 eine Doktorarbeit über Summerhill in der Schweiz. Sie arbeitet heute in der Kantonalen Schulverwaltung im Bereich der Suchtprävention (Amt für Berufsbildung des Kantons Zürich, Abteilung Berufspädagogik).

zu Frage 1

Ich denke wenig. Ich erhielt in den Jahren seit der Publikation zwei Anfragen mit der Bitte, ihnen meine Dis zu schicken.

zu Frage 2

Ich bin nicht informiert, wie die Entwicklung von Summerhill seit 87 weitergegangen ist. Und die Rezeption von der Schule und den Ideen Neills waren in meiner Dis nur in Bezug auf die antiautoritäre Bewegung der 68er Jahre ein Thema. Ich habe also nur das wachsende Interesse an Summerhill in dieser Zeit geschrieben.

zu Frage 3

Langfristig denke ich nicht, zumindest nicht unter seinem Namen. Natürlich sind seine Ideen in aktuellen Diskussion enthalten, wie z.B. der Gedanke der Schülerpartizipation (die Schulversammlung in Summerhill), der gewaltfreien Führung (zwischen Laizzes-fair [sic!] und autoritärem Erziehungsstil), Erziehung durch echtes Vorbild, seine Reformpädagogischen Gedanken, obwohl er sich darauf nicht direkt bezieht, etc.. Das Problem scheint mir hier zu sein, dass Neills Stärke in der pädagogischen Praxis lag und nicht im Ausformulieren von pädagogisch (theoretisch) fundierten Aussagen.

zu Frage 4

Nicht sehr stark



Aus Ute Schmidt-Herrmanns Antwort spricht eine gewisse Resignation. Sie bekam wenig Resonanz auf ihre Dissertation und stellt fest, daß sie ausschließlich ein historisches/psychologisch-analytisches Interesse mit Neill und dessen Schule verband. Aus der gleichen Perspektive heraus schreibt sie ihm auch keine große Wirkung auf die Erziehungspraxis zu. Dies führt sie darauf zurück, daß Neill kein Theoretiker gewesen sei. Sie hat wenig bis kein Interesse an Summerhill und dessen aktueller Situation.

Danë GOODSMANN Sie stellte 1992 in England ihre Dissertation fertig und arbeitete lange als Lehrerin in Summerhill. Heute arbeitet sie als Dozentin an einer medizinischen Ausbildungsstätte in London.

zu Frage 1

I haven't published my thesis, although I have several times been told that I should - including the Education Professor that examined it back in '93. I think most things I write directly or indirectly support Neill's fundamental ideas.

zu Frage 2

It is interesting that you use the notion 'fade away'. I would suspect that many of his points have become standard practice - so much part of our common-sense understanding that they are no longer attributed to Neill i.e. that children are autonomous individuals in their own right and etc. As to his more radical points, that they can make realistic decisions for themselves - I think the National Curriculum in England has been a concerted effort of behalf of successive govt's to claw back control of education. By introducing an essentially production line standpoint for education - an outcomes based model - they have managed to remove education from our children's lives and replace it with a training process. Which is, of course, one of the best ways of managing budgets (by replacing the 'ideology' arguement with one of utility).

zu Frage 3

I would suggest that they have changed ideas - Summerhill continues to prove Neill's view - that the potential of children can be realised by themselves - and that this is a valid and sound way of conducting ourselves in terms of education and schooling.

zu Frage 4

I am still in contact with the school, albeit infrequently. I stood as a witness for the school in its recent case against OFSTED. My source of inspiration is having been a Summerhillian, rather than Neills writings - I lived his vision, I don't need to read about it as if in the third person.



Englische Dissertationen müssen nicht veröffentlicht werden (sie sind lediglich über das "British Library Document Supply Centre" einer interessierten Fachöffentlichkeit zugänglich). Danë GOODSMANN meint, daß sie trotzdem mit ihrem Schreiben Neills zentralen Gedanken fördere. Sie vertritt die Auffassung, daß viele von Neills Grundideen, die zu seiner Zeit revolutionär waren, heute zum "Common sense" geworden sind und nicht länger mit Neill in Verbindung gebracht werden. Gleichzeitig konnten sich einzelne Gedanken (wie die Selbstverwaltung) nicht durchsetzen, weil sie Kontroll- und Budgetierungsüberlegungen im Wege stehen. Das lange Fortbestehen Summerhills und der Beweis, daß Neills Ideen über seinen Tod hinaus in der Praxis bestehen, hat ihrer Meinung nach die Ideenwelt in der pädagogischen Welt nachhaltig verändert.

Danë GOODSMANN ist fortwährend in Kontakt mit der Schule und tritt öffentlich für sie ein. Neills Schriften hält sie für sich persönlich für eher bedeutungslos, da sie seine Idee gelebt habe. Als Summerhill-Schülerin sei sie nicht auf die Beschreibung der Schule durch Neill angewiesen.

Matthew APPLETON Er veröffentlichte einen Bericht über seine langjährige Arbeit als "Hausvater" in Summerhill, das Schulleben und die Rahmenbedingungen, unter denen die Schule in den 90er Jahren arbeitete.

zu Frage 1:

My book only came out last year. I wrote it as I wanted to document life at Summerhill from the inside and in the context of modern society, to show that Neill's ideas are as relevant now as they were when he wrote his books. As most people only read second hand accounts of Summerhill in the newspapers, and these are often inaccurate and sensational I wanted to provide a broader and more truthful account.

The book has been enthusiastically greeted by a small number of people and has helped influence a few people into sending their children to Summerhill.

zu Frage 2:

The name fades out of public consciousness, although those who were influenced by Neill when they were younger often quote him as a major influence on their lives. There is little interest in Neill's ideas. The world is too ruled by fear. Old Neill would be very unhappy about the way the world has gone and the lack of freedom for children today. Books on educational philosophy rarely mention Neill and if they do only give him a few lines. The book 'Summerhill' used to be on the reading lists of most teacher training colleges, throughout the world. Very few acknowledge Summerhill or Neill today.

zu Frage 3:

Neills ideas were instrumental of the liberalization of education in many countries in the late 1960's and early 70's. Since then the world has done a U-turn and become rigidly academic and exam oriented in its approach. Corporal punishment is no longer widely used and Neill's influence was important in this. But his ideas were never really accepted and integrated into the educational world or family life.

At this time in history, I do not think the world is ready for these ideas, but I still talk to groups of teachers about Summerhill and mostly they are excited and enthused by the subject. I think there could easily come a time when the Summerhill idea could grow powerful again.

zu Frage 4:

I am still in contact with and interested in Summerhill. I would like more contact but am busy with other projects that make it difficult to have the contact I would like. I am also in contact with many ex-staff and students. The Summerhill community, which includes ex-Summerhillians, feels like an extended family to me. I still support the school and lecture occasionally on it to teachers, students and parents. I am not so much inspired by Neill's writings, as by my experience of living at the school for 9 years.



Matthew APPLETON hatte nicht die Absicht, Neills Gedanken zu verbreiten, als er sein Buch veröffentlichte. Ihm ging es um die Alltagspraxis der Schule zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Daß er damit unter Beweis stellt, daß Neills Ideen heute noch Tragkraft haben, ist ein positiver Nebeneffekt, den er gerne in Kauf nimmt. Das nachlassende Interesse an Neills Ideen sieht er - ähnlich wie die amerikanischen Autoren - im Zusammenhang damit, daß eine Wende in der Erziehung stattgefunden habe. Die Welt sei noch nicht wieder bereit, Neills Ideen zu würdigen. Darüber, wann sie es wieder sein könnte, ist APPLETON sehr vage. Sein Kontakt mit der Schule ist fortwährend eng, er hält Vorträge über sie und hat mit der Veröffentlichung seines Buches in Deutschland dazu beigetragen, daß wieder mehr deutsche Schülerinnen und Schüler nach Summerhill kommen.

Zusammenfassung und Fazit

Die Autorinnen und Autoren, die sich an der kleinen Befragung beteiligt haben, stellen überwiegend fest, daß Neills Wirken einen großen Einfluß auf ihre persönliche Entwicklung gehabt habe. Am ausgeprägtesten ist dies bei Herb SNITZER festzustellen, der Neill in den sechziger Jahren kennenlernte, als dieser durch die Veröffentlichung des pädagogischen Bestsellers "Summerhill" plötzlich erneut einen enormen öffentlichen Erfolg hatte. Wesentlich geringer ist der Enthusiasmus bei Danë GOODSMANN, die Neill nicht mehr persönlich kennen lernte, aber dessen Summerhill-Idee vertritt und fördert, weil sie Schülerin an der Schule war. Am wenigsten scheint Ute SCHMIDT-HERRMANN sich für Neill und Summerhill zu begeistern. Sie hat sich gewissermaßen aus zeitlicher und räumlicher Distanz heraus mit der Schule und vor allem ihrem Gründer befaßt. Diese Distanz dokumentierte sich bereits in ihrer Dissertation und sie bringt sie in ihrem Schreiben nun ebenfalls zum Ausdruck.

Die amerikanischen Autoren, Herb SNITZER und Emmanuel BERNSTEIN, und auch Danë GOODSMANN und Matthew APPLETON, die in England leben, beobachten, daß die Ideen, die Neill entwickelt hat und die Auswirkungen auf die Erziehungspraxis in ihren Ländern hatten, gegenwärtig von einer aktiven konservativen Welle bedroht oder sogar von einer solchen abgelöst seien. Besonders bei den amerikanischen Autoren scheint durch, daß die einsetzende Gegenbewegung als Antwort auf diese konservativen Tendenzen Neill eine gewisse Renaissance verschafft. Seine Ideen werden zunehmend wieder öffentlich diskutiert und wenn sie Eingang in die Erziehungspraxis gefunden haben, werden sie nun auch wieder mit seinem Namen verbunden.

Als Elemente von Neills Pädagogik, die den stärksten Eindruck in der pädagogischen Diskussion hinterlassen haben, werden von den Autorinnen und Autoren die Selbstbestimmung und damit die Autonomie von Kindern und Jugendlichen auch bezogen auf Zeitpunkt und Methode von Wissensaneignung hervorgehoben. Vielfach, so schreiben die Autorinnen und Autoren, ist es aber so, daß die Attitüde Kindern und Jugendlichen gegenüber sich allgemein in der Gesellschaft verändert habe. Dies sei (möglicherweise) auf Neill zurückzuführen, werde aber heute nicht mehr oder nur selten direkt mit ihm in Verbindung gebracht.

Die meisten Autorinnen und Autoren fühlen sich fortwährend der Schule und ihrer Entwicklung verbunden. Besonders in den letzten Jahren, in denen der Fortbestand der Schule aufgrund von wiederholten Schulinspektionen und einer kritischen Einstellung der Schulbehörde bedroht war, konnten einige der Autorinnen und Autoren einen aktiven Beitrag zu ihrer Erhaltung leisten. Lediglich Ute SCHMIDT-HERRMANN und Bjarne SEGEFJORD haben keinen Kontakt mehr zu Summerhill und interessieren sich auch nicht weiter für das Schicksal der Schule.



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